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Mawlayinme: Fischgeruch und Glockenklang

Die Stadt Myalmyine sieht von ihren Hügelkuppen und der Udezin Pagode überraschend grün aus. Man blickt auf ein dichtes dunkelgrünes Blätterdach, begrenzt von den braunen Fluten des Flusses am Horizont und eingefaßt von der 3 Kilometer langen Metallbogenbrücke, die sich mit den golden glänzenden Pagoden der gegenüberliegenden Berge wie eine Perlenkette verbindet. Wir sehen alte Gebäudekomplexe mit roten Schindeln und kolonialer Architektur aber auch formlose Kuben chinesischer Bauweise.

An der Beachfront dagegen könnte die Realität nicht brutaler sein. Unendlicher Dreck erstreckt sich auf dem schmalen Uferstück, das wie eine wilde Müllkippe erscheint. Liegt es an der überwiegend indischen Population in diesem Abschnitt, der mich an Kochin denken lässt? Jugendliche lungern auf der Reling, Sie haben ihre Reismatten zum Übernachten gleich mitgebracht, die vor ihnen liegen. Zwei machen anzügliche Bemerkungen, Ausdruck einer verzerrten Wahrnehmung von Ausländern durch die Medien. Mit einem entschiedenen „Excuse me?“ und einem beherzten Schritt auf denjenigen kuschen sie wie kleine Hunde, die den Schwanz einklemmen und sich mit geducktem Kopf davonmachen. Die Abendstimmung ist schön. Träge klatschen  die braunen Wellen unablässig gegen die Kaimauer, knattern Fischerboote mit ihren langen Schraubenwellen vorbei oder kehren die Fähren an ihre Ausleger zurück. Eltern mit ihren Kindern füttern die krächzenden Möwen, die in Armweite vorbeisegeln und die emporgeworfenen Brotreste auffangen. Kinder drängen sofort heran und halten uns Plastikbeutel mit Futter unter die Nase. 10 stück für 500 kyat, genug für viel gutes Karma.  Glutrot versinkt allmählich die Sonne in den Fluten, beim Cocktail im Strand View ein gelungener Ausklang eines Tages. 

 Eine gefühöte Tagesreise weiter liegen einige touristische Highlights. Wir passieren den größten liegenden Buddha des Landes, der seit 1998 hinter Gerüsten „under construction“ ist. Ein reger Mönch hat vor mehr als 25 mit den ersten Spendengeldern mit dem Bau beginnen lassen. Die ungeahnte Länge von 188 Meter lässt auf eine ebenso große Spendenfreudigkeit der Gläubigen Buddhisten schließen. Shwe-Min weiß allerdings nicht, wie teuer das Projekt bislang ist. Ich verzichte auf den Besuch des Museums, das den Weg des Buddhas nachzeichnet. Angesichts der unzähligen Reinkarantionen vermute ich, dass wir es nicht in 2 Stunden schaffen würden.

 Kyaikkami Yele Pagode

2 Stunden und viele Kautschukplantagen weiter liegt malerisch auf einer Landzunge im Meer die Yele Paya Pagode. Bei unserem Eintreffen herrschte gerade Ebbe. Spitze graue Felsen ragten aus dem Schlamm, umspült von schmutzig braunem Wasser.

 
 Sitzende Buddhas in der Yele Pagode

Ein Säulengang führt vorbei an den Klostergebäuden aus Holz und Wellblech zu dem Pagodenkomplex mit einem sitzenden Buddha. Der Zutritt zu dem Raum um die Figur ist für Frauen verboten. Sie knieen betend in einem separaten Schrein, der nur durch eine flache Mauer zum Allerheiligsten getrennt ist. Weiter gelangt man auf eine Ballustrade, von der aus man auf die See blicken kann. Unter uns stehen drei Mönche auf einer Art Mole und füttern Fische, deren Mäuler und grün gelblichen Leiber für eine kurzen Moment aus dem braunen Wasser stoßen, um nach weißen und pinkfarbenen Brotstücken zu schnappen. Gutes Karma!


Nur ein kurzes Stück weiter biegt man von der Hauptstraße ab, und erreicht nach wengen Minuten ein Fischerdorf. Unser kleiner König verzichtet auf eine Führung. „The smell is too strong for me“, versucht er sich zu entschuldigen. Doch schlimmer als auf den Märkten mit den Unmengen an getrocknetem geruchsaktiven Fisch riecht es nicht.

Das Dorf besteht aus einer Ansammlung von Stelzenhäusern aus Holz und Bambus. Grüne Fischernetze liegen ausgebreitet auf den schmalen Wegen zwischen den Hütten. Wir blicken in leere Räume und Kochstellen unter den Häusern mit einigen Alutöpfen und Kochuntensilien. Uns fallen kaum Satellitenschüsseln oder Sonnenkollektoren auf. Auch fehlen Strommasten. Wenn es hier dunkel ist, sollte man zu Hause sein, denke ich mir. Viel Besitz haben diese Menschen nicht.

Zur Zeit ist es Vollmond. Shwe Min erklärt, dass der Tiedenhub um Vool- und Neumond so stark ist, dass die Fischer nicht auslaufen können. Deshalb sehen wir wahrscheinlich auch einige Männern mit ihren Kindern dösend vor ihrer Hütte liegend. Ein anderer repariert einen Außenborder, der nächste beschlägt den Rumpf seines Bootes mit Blech, wieder ein anderer sein Netz. Es ist die Zeit der Vorbereitung auf den nächsten Fang. Erstaunlicherweise riechen wir zwar trocknenden Fisch, sehen aber keinen.

Die Menschen begegnen uns mit Zurückhaltung, blicken uns durchdringend an, bis wir sie mit einem „Mingelaba“ grüßen. Dann hellen sich ihre Gesichtszüge zu einen Lächeln auf, das die roten Stumpen bethelgefärbter Zähne preisgibt. Ich bleibe gerne stehen und versuche ein Gespräch mit einem, der mit ölverschmierten Händen an seinem Motor schraubt, oder einem Ladenbesitzer, auf dessen Tisch zur Mittagszeit das Gemüse allmählich zu welken beginnt. Sie alle haben ihre Freundlichkeit nicht verloren und reagieren herzlich. Ein Junge hilft uns, den rechten Weg zwischen den Hütten zu finden und geleitet uns zu unserem Wagen zurück.


Fischerdorf bei Kyaikkami

Reparatur am Bootsrumpf


Ausbesserungen am Schiffsmotor

Gelassene Mädels

Entspannte Einkaufsstimmung

Mittagsnicherchen um 10.00


Familie wartet auf abnehmenden Mond

Beverly Hills des Fischerdorfs




Typisches Stelzenhaus

Weitere 1 ½ Autostunden zurück fahren wir wie über eine Randstufe in eine Senke. Hier herrschen Kalksteinformationen mit einigen freistehenden Hügeln vor, Rudimente urzeitlicher Erosion. Hier liegt das  „charmante“ Kyaikmaraw mit seiner Pagode aus dem Jahr 1455, die uns unser Guide jedoch nicht anpreist. Stattdessen laufen wir etwas durch das Dorf. Unser Guide, der eigentlich die Führung übernehmen sollte, erweist sich jedoch als desorientiert und hilflos, so dass wir uns durch die Seitenstraßen treiben lassen. Anmutig sind die dunklen Holzhäuser mit ihren Gärten, deren Grün in bizarrem Kontrast zu den dunklen Holztönen steht. Auch hier stört kein Schnörkel die Fenstereinfassungen, -läden oder Türöffnungen. Ziehbrunnen sorgen für die Wasserversorgung, Hühner stieben gackern vor uns auf, Kinder kommen angelaufen, und junge Mädchen schielen kichernd auf die blonden Haare meiner Begleitung. Wären die Leute nicht so derart arm, könnte man von einer Idylle sprechen. Als touristische Attraktion reicht es jedoch nicht.

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